Kneipp & Kräuter
Die Verwendung von Heilpflanzen ist so alt wie die Menschheitsgeschichte. Zu Kneipps Zeiten war das Wissen um deren Wirkung oft die einzige Chance, um Krankheiten bekämpfen zu können.
Heilkräuter
Das Kneipp-Gesundheitsprogramm
Sebastian Kneipp, der naturwissenschaftlich genaue Beobachter, erprobte und analysierte das Kräuter-Volkswissen und eigene Erfahrungen. Seine „Hausapotheke“ enthielt etwa 60 Heilpflanzen. Kneipps Wissen ist im 1889 erschienenen Buch „So sollt ihr leben“ nachzulesen: „Jahrelang habe ich ausschließlich mit Kräutern und weniger mit Wasser kuriert und dabei die schönsten Erfolge erzielt“, sagte er aus voller Überzeugung.
Kräuterbäder, -tees, -wickel, Wild- und Gewürzkräuter in der Küche, … – die Anwendungsgebiete von Kräutern sind vielfältig, ebenso ihre Wirkungen. So werden sie u.a. gerne unterstützend eingesetzt bei Erkältungen, Nervosität und Unruhe, Schlafstörungen, Verdauungsbeschwerden, in der Küche zum Verfeinern von Speisen und zur Verbesserung der Bekömmlichkeit.
Heute liegt die Kräuterheilkunde im Trend und wird oft mit Begriffen wie „nebenwirkungsfrei“ und „mild wirkend“ in Verbindung gebracht. Diese Einschätzung ist nur teilweise richtig. Viele Arzneipflanzen sind heute wissenschaftlich erforscht, oft hat sich das Volksheilwissen bestätigt. Manche Heilpflanzen stellten sich als kaum oder gar nicht wirksam, ja sogar als giftig heraus, manche Pflanzen wurden als möglicherweise krebserregend eingestuft (z. B. das Schöllkraut) oder sie haben ein allergenes Potenzial (z. B. der Giersch), und bei manchen Heilpflanzen stehen heute neue Wirkungen im Vordergrund (z. B. beim Johanniskraut).
So kann es vorkommen, dass in älteren Kräuterbüchern Anwendungen beschrieben werden, von denen man lieber die Finger lassen sollte. Vor allem, wenn man Heilkräuter für Kinder einsetzen möchte, sollte man den Rat des Apothekers oder Arztes einholen, denn Kinder können empfindlicher als Erwachsene reagieren. Der Rohgenuss von Wildkräutern, etwa Green Smoothies etc., ist für Kinder nicht geeignet und auch Erwachsene sollten die nötige Vorsicht walten lassen. Genaue Kenntnisse der Pflanzenmerkmale sind beim Kräutersammeln unerlässlich: In vielen Kneipp-Aktiv-Clubs werden empfehlenswerte Kräuterwanderungen veranstaltet.
Die Warnung vor unsachgemäßer Verwendung soll die Freude an den Heilpflanzen aber nicht trüben! Im Gegenteil – den Schatz unserer Natur wieder zu entdecken und sich damit zu befassen, fördert unsere körperliche und seelische Gesundheit, auch im Sinne der Lebensordnung, der 5. Säule des Kneipp-Programms.
Kräuter-Tipps für Körper & Wohlbefinden
Wir haben Kräuter-Tipps zusammengestellt, die Sie ganz einfach umsetzen können:
Erfrischende Teemischung
Starten Sie den Tag mit dieser erfrischenden Teemischung aus der Apotheke:
3 g Fenchel gestoßen
9 g Orangenblüten
9 g Nubienblüten,
9 g Schwarze Ribiselblätter
9 g Brombeerblätter
9 g Hagebuttenfrüchte ohne Kerne
Einen gehäuften Teelöffel Kräutermischung mit 1/4 Liter Wasser überbrühen und 10 Minuten ziehen lassen. Ggf. mit etwas Honig süßen.
Tipp: Diese Teemischung eignet sich auch als vitaminreiches heißes oder kaltes Erfrischungsgetränk tagsüber! Man kann zeitweise etwas Pfefferminze zur Geschmacksverbesserung beigeben. Pfefferminze ist ein tolles Magen-Heilkraut, aber nicht zum Dauergebrauch zu empfehlen!
Ein Kräuterbad für die Gesundheit
Die Badetemperatur für das Kräuter-Vollbad, -Dreiviertelbad oder -Halbbad wählt man zwischen 35 und 38 Grad Celsius. Die Badedauer beträgt 15 – 20 Minuten. Für kreislauflabile Menschen eignet sich das Dreiviertelbad oder das Halbbad besser, das Vollbad ist kreislaufbelastend. Nach dem Kräuterbad eine halbe Stunde Nachruhezeit einhalten. Badezusätze gibt es in guter Qualität im Handel. Wenn ihr selbst ein Kräuter-Badezusatz zubereiten wollt, verwendet einfach 500 g getrocknete Kräuter und bereitet einen Aufguss mit 2 – 3 Litern kochendem Wasser zu. Den abgeseihten Aufguss setzt ihr dann dem Badewasser zu.
Beispiele für die vielfältigen Wirkungen von Kräuterbädern:
anregend: Rosmarin
beruhigend: Melisse, Lavendel, Baldrian, Hopfen
Heublumen lindern rheumatische und Stoffwechsel-Beschwerden, Kamille und Weizenkleie tun der Haut gut, Thymian lindert Erkältungskrankheiten, die Schafgarbe wird Frauen empfohlen, Fichte und Kalmus sind allgemein tonisierend.
Gewürzkräuter regulieren den Appetit
Frische Kräuter werden erst kurz vor dem Servieren beigefügt, getrocknete Kräuter kocht man mit, damit sich Aroma und Wirkung entfalten können. Gewürzkräuter helfen Salz zu sparen, sie fördern den Eigengeschmack der Lebensmittel, wirken appetitregulierend und anregend auf die Verdauungsorgane, sie erleichtern die Fettverdauung, wirken blähungswidrig und machen die Speisen bekömmlicher.
Kräutertee am Nachmittag
Genießen Sie einen duftenden Kräutertee zur Entspannung:
Orangenblüten, Lavendel, Melisse, Johanniskraut, Rosmarin, Passionsblume, Ehrenpreis und Hopfen zu gleichen Teilen gemischt. Entspannt ohne schläfrig zu machen.
Kräuter für den Magen
Kräuter werden seit jeher nicht nur als Tee oder Badezusatz eingesetzt, sondern auch in Likören und Destillaten angeboten. Kräutergeister, Magenbitter und Klosterliköre entfalten ihre Wirkungen leider nicht nur wegen der Kräuterinhaltsstoffe, sondern „betäuben“ auch die „gestressten“ Magennerven durch ihren kräftigen Alkoholgehalt.
Völlegefühl nach dem Essen
Wenn nach dem Essen das Völlegefühl plagt, empfiehlt sich folgende Teemischung:
Boldoblätter, Tausendguldenkraut, Pfefferminzblätter, Kümmelfrüchte, Pomeranzenschalen, Melissenblätter, Kamillenblüten und Hagebuttenfrüchte zu gleichen Teilen. Zwei bis drei Teelöffel mit 1/4 Liter siedendem Wasser überbrühen und 10 Minuten ziehen lassen. Bis zu dreimal täglich eine Tasse ungesüßt trinken. Pfefferminze ist nicht für den Dauergebrauch geeignet!
Wildkräuter
Brennnessel, Löwenzahn, Gänseblümchen, Knautie, Vogelmiere, Brunnenkresse, Gundelrebe, Giersch und Franzosenkraut:
Einige Wildkräuter können rund 4-mal so viel Vitamin C und doppelt so viel Vitamin A wie Kulturpflanzen enthalten! Genaue Kenntnis und Verträglichkeit vorausgesetzt – auch unter dem „Grünzeug“ gibt es höchst giftige Vertreter.
Empfindliche Menschen bevorzugen Wildkräuter gekocht: in der Suppe, in Soßen oder im Nudelgericht, im Auflauf oder im Palatschinkenteig – der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Wichtig: Im Umgang mit Heilkräutern ist auch Vorsicht geboten (mögliche Nebenwirkungen, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu einigen Heilkräutern, Verwechslungsgefahr, Allergien / Unverträglichkeiten, Rohgenuss von Wildkräutern, Einsatz von Heilkräutern bei Kindern …)! Im Zweifelsfall greifen Sie bitte auf fertige Arzneibuchware aus der Apotheke zurück bzw. ziehen Sie (besonders auch beim Einsatz von Heilkräutern bei Kindern) immer einen Arzt oder Apotheker zu Rate.